Konjunktur-Interview

Stimmungsaufschwung der Südwestunternehmen auf hohem Niveau gestoppt

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Lieferengpässe und Inflationssorgen führen zu einem leichten Rückgang des Geschäftsklimas. Sowohl die Lageeinschätzung als auch die Geschäftserwartungen bleiben aber deutlich positiv.

„Die Prognosen der meisten Forschungsinstitute sprechen lediglich für eine zeitliche Verschiebung der konjunkturellen Erholung. Mit Blick auf das L‑BankifoGeschäftsklima ist zumindest aktuell nicht von einem lang anhaltenden, negativen Trend auszugehen.“, so die Ein­schätzung von Edith Weymayr, Vorsitzende des Vorstands der L‑Bank.

Karlsruhe, 08.10.2021. Der fulminante Anstieg des L-BankifoGeschäftsklimas im ersten Halbjahr 2021 wurde zuletzt ein Stück weit gebremst. Dennoch liegt das Geschäftsklima weiterhin deutlich im positiven Bereich und hat sich im Vergleich zum Juni sogar noch verbessert. Dagegen fallen die Erwartungen der Südwestunternehmen für die kommenden sechs Monate inzwischen etwas weniger optimistisch aus.

Frage: Frau Weymayr, erstmals seit dem pandemiebedingten Einbruch ist ein leichter Rückgang des Geschäftsklimas zu verzeichnen. Ist dies der Beginn einer nachhaltigen Trendwende nach unten oder nur ein kurzes Atemholen?

Antwort: Wir gehen davon aus, dass die konjunkturelle Erholung durch die aktuellen Lieferengpässe lediglich auf der Zeitachse nach hinten verschoben wird. Die Prognosen der meisten Forschungsinstitute sprechen dafür. So hat beispielsweise das ifo-InstitutInstitut für Wirtschaftsforschung seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes für 2021 auf 2,5 Prozent reduziert. Die Prognosen für 2022 aber im gleichen Umfang auf 5,1 Prozent angehoben. Mit Blick auf das L-Bank-ifo-Geschäftsklima ist zumindest aktuell nicht von einem lang anhaltenden, negativen Trend auszugehen.

Besonders wichtig für das Industrieland Baden-Württemberg ist, dass die Exporterwartungen ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau liegen. Die Betriebe erwarten also nicht, dass das Auslandsgeschäft in naher Zukunft zum Erliegen kommt – im Gegenteil: Sie rechnen mit einer positiven Entwicklung.

Frage: Die Industrie kann also auf ein florierendes Exportgeschäft hoffen. Der Einzelhandel und das Dienstleistungsgewerbe sind hingegen wesentlich stärker vom Binnenmarkt abhängig. Wie ist es um diese Sektoren bestellt?

Antwort: Im Dienstleistungssektor ist die Stimmungslage – entsprechend der Situation in der Gesamtwirtschaft – immer noch sehr freundlich. Ein wenig anders stellt sich die Situation im Einzelhandel dar, wo das Geschäftsklima zuletzt unter die Nulllinie gerutscht ist. Das könnte daran liegen, dass mit dem näher rückenden Winter auch die Sorge vor möglichen pandemiebedingten Einschränkungen wieder größer wird. Aber auch die Einzelhandelsbetriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage derzeit noch überwiegend positiv, sodass wir von einer so dramatischen Situation wie zu Beginn des Jahres noch sehr weit entfernt sind.

Frage: Die Unternehmen sind also insgesamt durchaus zuversichtlich gestimmt. Überträgt sich dies auch auf die Privathaushalte? 

Antwort: Da gibt es zwei erfreuliche Entwicklungen, die hierzulande auch bei den Verbrauchern für Optimismus sorgen. Zum einen entpuppt sich Baden-Württemberg 2021 wie erhofft als die Wachstumslokomotive in Deutschland. Im ersten Halbjahr lag das Wachstum des Brutto­inlandsproduktes bei 5,5 Prozent. Auf Bundesebene war es lediglich ein Wachstum von 2,9 Prozent.

Zum anderen befand sich der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst in der Industrie und im Dienstleistungssektor im zweiten Quartal bereits wieder bei deutlich über 4.300 Euro und damit mehr als sieben Prozent über dem krisenbelasteten Vorjahreswert – für die Privathaushalte ist das vielleicht noch wichtiger. Diese doch deutlichen Erholungssignale führen dazu, dass das L-Bank-GfK-Einkommensklima im September erstmals seit dem Frühjahr 2020 wieder in den positiven Bereich gestiegen ist.

Frage: Gibt es Risiken, die diese positiven Tendenzen gefährden könnten?

Antwort: Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Verbraucherstimmung ist, wie stark die Preise in den kommenden Monaten und Jahren steigen und inwiefern die Lohnentwicklung damit Schritt halten kann.

Im September lag die Inflationsrate im Südwesten schon bei 3,8 Prozent, was insbesondere auf die steigenden Preise im Energiebereich zurückzuführen ist. Natürlich spüren auch die Privathaushalte diese Entwicklung: Nach dem inzwischen achten Anstieg in Folge lag das L‑Bank-GfK-Preisklima im September auf dem höchsten Stand seit Dezember 2008.

Dazu kommt der scheinbar unaufhaltsame Preisauftrieb im Immobilien­sektor: Im zweiten Quartal 2021 sind die Wohnimmobilien­preise in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um fast elf Prozent gestiegen. Das ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 2000.

Frage: Werden die Baupreise weiter steigen und wie wirkt sich dies auf die allgemeine Stimmungslage im Wohnungsbau aus?

Antwort: Zumindest kurzfristig ist ein Ende des Preisauftriebs nicht in Sicht. Die Stimmung ist in der Wohnungsbaubranche weiterhin von einer außerordentlichen Geschäftslage bestimmt. Auch für die kommenden Monate rechnet man in der Branche mit keiner wesentlichen Ver­schlechterung.

Allerdings wird fast die Hälfte der befragten Wohnungsbauunternehmen durch Materialengpässe in der Ausführung ihrer Aufträge behindert. Außerdem nehmen die Unternehmen auch den Fachkräftemangel zunehmend als Problem wahr. Gleichzeitig nimmt der Bestand an Bauaufträgen weiter zu.

Wir haben es also mit einer weiterhin hohen Nachfrage zu tun, die von den Bauunternehmen aber aktuell nicht oder nur zeitverzögert bedient werden kann. Es bleibt jetzt abzuwarten, ob sich die Situation im vierten Quartal beruhigt.

Hintergrund

Für den L-Bank-ifo-Konjunkturbericht werden monatlich über 1.200 Unter­nehmen zu ihrer Einschätzung der aktuellen Geschäftslage sowie ihren Erwartungen für die nächsten sechs Monate befragt. An der L-Bank-GfK-Verbraucherumfrage zur Ermittlung des Preis-, Konjunktur, Einkom­mens- und Anschaffungsklimas beteiligen sich in der Regel rund 300 Privat­personen. Für den L-Bank-Wohnungsbau-Report wird die baden-württembergische Baubranche einmal im Quartal einer vertieften Analyse unterzogen.

 

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    Eingestellt am 08.10.2021
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