Karlsruhe, 12.10.2021. Frauen sind laut dem Female Founders Report 2021 nicht einmal an jeder fünften Firmengründung beteiligt. Noch geringer fällt der Frauenanteil mit acht Prozent in den Geschäftsführungen deutscher Unternehmen aus: „Die Zahlen zeigen, es liegt noch viel Arbeit vor uns“, analysiert Edith Weymayr, Vorsitzende des Vorstands der L‑Bank, anlässlich der Frauenwirtschaftstage die Situation in den deutschen Geschäftsleitungen.
Diese Zurückhaltung zeigt sich laut Weymayr weniger in der absoluten Zahl gründungswilliger Frauen als in deren Bereitschaft, ein großes finanzielles Risiko einzugehen. Die von Gründerinnen beantragten Kredite sind oftmals kleiner als die von Gründern: „Wachstumsmöglichkeiten werden so häufig verschenkt.“
Dass Mut und Selbstbewusstsein für die erfolgreiche Gründung eines Unternehmens eine große Rolle spielen, zeigt sich am Beispiel von Anita Athanasas: Mitten in der Krise gründete sie 2010 zusammen mit ihrem Mann Dr.-Ing. Kiriakos Athanasas die comemso GmbH in Ostfildern. „Jede Krise ist Veränderung und damit auch eine neue Chance!“, ist die Ingenieurin überzeugt. Die Entwicklung gibt ihr Recht: In nur zehn Jahren hat das Unternehmen im Bereich der Testsysteme für Elektromobilität eine Weltmarktführerschaft erreicht und somit die Herausforderung gemeistert. Mehr als 100 Beschäftigte und ein mit zehn Millionen Euro neu gebautes Forschungs- und Entwicklungsgebäude sind Zeichen dieses enormen Erfolgs, der sie auf das Siegerpodest des Landespreises für junge Unternehmen führte.
Die Suche nach Erfolg war Dr. Magdalena Hefele-Golubic schon in die Wiege gelegt worden. Von ihren Eltern habe sie „Flügel fürs Leben“ bekommen. Es verwundert also nicht, dass sie schon in jungen Jahren viel Ehrgeiz zeigte: „Als Kind habe ich beispielsweise so lange gedrängelt, bis ich ein Jahr vorzeitig in die Schule gehen durfte“, erinnert sich die Allgemeinmedizinerin, die auch nach der Übernahme einer Hausarztpraxis in Lorch im Remstal nicht einsehen wollte, dass im ländlichen Bereich die ärztliche Versorgung schlechter sein soll als in Ballungsräumen. Sie schaffte, was eigentlich nicht zu schaffen war: 2017 zogen Ärzte, Physiotherapeuten und eine Apotheke in das von ihr initiierte Gesundheitszentrum Lorch ein. Ein ausgeklügeltes Hausbesuch-Konzept und virtuelle Video-Sprechstunden sichern die ärztliche Versorgung von Lorch und einem großen Umfeld. Ihr Erfolgsrezept? „Ich habe mein Herz auf der Zunge und sage in einfachen Worten das, was ich denke.“
Carolin Dietz aus Harthausen bei Albstadt zeigt, was möglich ist, wenn man weiß, was man will. Zwar war die studierte Agrarwissenschaftlerin an der Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebs ihrer Eltern interessiert. Aber statt auf den etablierten Schweinemastbetrieb setzte sie zusammen mit ihrem Mann auf das Konzept der Ziegenhütte Zollernalb: Gemeinsam bauten sie eine Käserei sowie einen Ziegenstall mit 80 Ziegen und 120 Hektar Gelände, auf dem Bio-Getreide vor allem für die Fütterung der Tiere angebaut wird. Selbstständig sein, das findet Dietz großartig. „Man ist einfach seine eigene Chefin.“ Auch den Eltern hat der Gestaltungswille ihrer Tochter imponiert:„Die standen voll hinter uns und haben tatkräftig mitgeholfen“, freut sich Carolin Dietz.
L‑Bank-Chefin Weymayr ist stolz auf diese Unternehmerinnen, die mit Willensstärke und Engagement vormachen, wie Gründungen gelingen können. „Unternehmertum ist immer noch männlich, doch Frauen holen auf.“ Jedes Lebensmodell, findet sie, kann das richtige sein: „Die Wahlmöglichkeit von Beruf und Karriere soll nicht durch Zwänge, Rollenbilder und Klischees eingeschränkt sein.“ Dass dies möglich ist, beweisen die drei Top-10-Unternehmerinnen des Landespreises: Alle gestalten Erwerbstätigkeit und Privatleben erfolgreich.