Nichts Besonderes
Der Name WASNI steht für Wenn anders sein normal ist. Er hat seine Wurzeln in der Sinnfrage, die sich Daniel Kowalewski nach 13 Jahren Berufstätigkeit in der Industrie stellte. „Ich wollte etwas Anderes tun und gemeinwohlorientiert arbeiten“, erinnert er sich an diese Zeit. Er kündigte bei seinem damaligen Arbeitgeber Zeiss und absolvierte zunächst den Bundesfreiwilligendienst. In der Folgezeit entwickelte der damals 38-Jährige sein Konzept eines Inklusionsunternehmens: Individuelle Hoodies und Kapuzenjacken verbinden die Themen Mode und Ökologie. Dabei ging es ihm nicht nur um eine sinnvolle Tätigkeit für ihn selbst. „Ich will zeigen, dass es möglich ist, Menschen mit schweren Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu beschäftigen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“
Die Mitarbeitenden bringen ihre individuellen Talente und Fertigkeiten ein. Der Einstellungs-Schwerpunkt von WASNI liegt auf Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder psychischen Erkrankungen. Menschen, die auch auf Grund ihrer fehlenden Ausbildung bisher keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommen haben. Eine Ausnahme davon ist Nadine Feist, gelernte Maßschneiderin und Mode-Designerin. Sie ist kleinwüchsig und bekam als Mitarbeiterin der ersten Stunde die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen.
2015 ging es los: In einem ehemaligen Kunsthaus fand das Unternehmen in Esslingen die ersten Räumlichkeiten. Die Stoffe waren vorrätig und einige Hoodies produziert. Nur die Kundschaft ließ zunächst auf sich warten. „Als sich zunächst kaum jemand in den Laden verirrte und online wenig hereinkam, hatte ich schon ein bisschen die Krise.“ Doch nach Berichten in der regionalen Eßlinger Zeitung und der bundesweiten FAZ füllten sich die Auftragsbücher schnell. „Werbung haben wir nie gemacht.“
Dank des Online-Konfigurators kann sich die Kundschaft von WASNI ihren Hoodie farblich ganz individuell zusammenstellen. Ein weiterer Grund für den Erfolg hat den Decknamen Richard. Das war der erste Kunde, der nach einer individuellen Maßanfertigung fragte. Sein Körperbau, hatte er geklagt, sei ungewöhnlich. Die Ärmel seien bei Standardkleidung meist viel zu kurz. Vielleicht, seine Bitte, könnte man die Ärmellänge individuell anpassen? Mit Richard war klar: „Unser Motto Wenn anders sein normal ist gilt nicht nur für unser buntes WASNI-Team, sondern auch für unsere Kunden.“ Fast jeder zweite WASNI-Hoodie wird heute anders, also angepasst in Größe oder Länge, ausgeliefert – und das ohne Aufpreis.
Heute finden 14 Menschen, davon sieben mit einer anerkannten Schwerbehinderung, bei WASNI eine sozialversicherungspflichtige Anstellung. „Sie sind leistungsfähig und wollen gefordert werden“, so Kowalewski. „Doch dazu muss man auf sie eingehen.“ Wo liegen die speziellen Talente? Wo sind Fertigkeiten vorhanden? „Wir probieren da sehr viel aus. Manches funktioniert, manches nicht.“
Doch es geht dem Unternehmer mehr als nur um angepasste Arbeitsplätze. Mitarbeiterin Yaprak ist gehörlos und verständigt sich in Gebärdensprache. Ihre Barriere: Sie versteht die Anderen nicht. Damit die Kommunikation funktioniert, absolvieren alle, die bei WASNI arbeiten, einen Gebärdensprachkurs. „Das ist für mich Inklusion“, sagt Kowalewski. Quantitative Produktionsziele gibt es bei WASNI kaum, dafür aber viele Gespräche und individuelle Absprachen. So ist die Arbeitszeit der individuellen Leistungsfähigkeit angepasst. „Ein einheitlicher Arbeitsbeginn macht keinen Sinn, wenn manche Beschäftigte auf Grund von Medikamenteneinnahmen erst später am Tag wirklich arbeitsfähig sind“, gibt Kowalewski ein Beispiel.
Und wie geht es weiter? Der heute 46-Jährige will seine Vision, Menschen mit Schwerbehinderungen im ersten Arbeitsmarkt zu beschäftigen, nach außen tragen. „Die eigentliche Botschaft ist, dass es keine Inklusionsunternehmen braucht“, ist er überzeugt. „Was wir machen, ist an für sich nichts Besonderes, das könnten alle Unternehmen tun.“
www.wasni.de