Ministerpräsident Kretschmann: „Baden-Württemberg ist gut gerüstet für seine ambitionierte Agenda einer nachhaltigen Transformation.“
Jury findet die besten jungen Unternehmen aus Baden-Württemberg | Die Top-20-Unternehmen im Porträt
Landespreis
Ministerpräsident Kretschmann: „Baden-Württemberg ist gut gerüstet für seine ambitionierte Agenda einer nachhaltigen Transformation.“
Jury findet die besten jungen Unternehmen aus Baden-Württemberg | Die Top-20-Unternehmen im Porträt
Stuttgart, 25.07.2024. „Der Landespreis für junge Unternehmen zeigt einmal mehr: Baden-Württemberg ist gut gerüstet für seine ambitionierte Agenda einer nachhaltigen Transformation. Auch deshalb freue ich mich über den Ideenreichtum der Unternehmen, die sich in diesem Jahr um diese begehrte Auszeichnung bewerben“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit Blick auf die Vielfalt der Einreichungen. „Der Landespreis spiegelt unsere heimische Wirtschaft. Beeindruckend sind vor allem die außergewöhnlichen Persönlichkeiten, die an der Spitze der erfolgreichen jungen Unternehmen stehen“, sagte Kretschmann. „Es begeistert mich immer wieder, wie sich Frauen und Männer auf den Weg machen, um etwas völlig Neues anzupacken. Sie gehen ins Risiko, schaffen Arbeitsplätze und neue Märkte. Vor dieser Leistung habe ich allergrößten Respekt.“ Der Ministerpräsident zeichnet in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal als Schirmherr die Gewinnerinnen und Gewinner des höchstdotierten Wirtschaftspreises Baden-Württembergs aus.
Annähernd 500 Kandidatinnen und Kandidaten haben sich 2024 um den Landespreis für junge Unternehmen beworben. 20 von ihnen wurden in einem mehrstufigen Verfahren für die zweijährlich von der baden-württembergischen Landesregierung und der L‑Bank vergebenen Auszeichnung nominiert. Die Top-10 werden in der finalen Runde von einer hochrangingen Jury festgelegt.
„Die Auswahl der Unternehmerinnen und Unternehmer, die es unter die Top-20 des Landespreises 2024 geschafft haben, war unglaublich schwer. Diese Betriebe bilden die Spitze eines sehr spannenden Feldes“, unterstrich Edith Weymayr, Vorsitzende des Vorstands der L‑Bank, das hohe Niveau der Bewerbungen. „Unter den besten Unternehmen haben wir sowohl junge als auch erfahrene Gründungspersönlichkeiten. Team- und Einzelgründungen sowie erfolgreiche Übernahmen stehen im Wettbewerb nebeneinander. Und ebenso konkurrieren Gründerinnen und Gründer traditioneller Branchen mit Ideen aus den Bereichen Hightech, Greentech und KI. Genau davon lebt unsere Wirtschaft im Südwesten: Von der Vielfalt der Menschen, die Unternehmen gründen oder übernehmen.“
Alle Unternehmen des Bewerberfeldes sind im Verlauf der letzten zehn Jahre gegründet oder übernommen worden und haben sich nicht nur wirtschaftlich erfolgreich entwickelt, sondern waren und sind auch in gesellschaftlichen oder ökologischen Belangen engagiert. Die zehn besten Unternehmen werden am 26. November 2024 im Neuen Schloss in Stuttgart von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Edith Weymayr ausgezeichnet. Der Landespreis zählt zu den bundesweit teilnahmestärksten Unternehmenswettbewerben. Die drei Erstplatzierten erhalten Geldpreise in Höhe von 40.000 Euro (Platz 1), 30.000 Euro (Platz 2) und 20.000 Euro (Platz 3).
Die nominierten Unternehmen (alphabetische Reihenfolge):
Porträts der Unternehmen (alphabetische Reihenfolge):
AiS inklusiv gGmbH, Mössingen
In der Mitte der Gesellschaft
Marcus Hölz ist einer, der jeden Morgen mit einer neuen Idee aufsteht und überlegt, wie er die AiS inklusiv gGmbH in Mössingen weiter voranbringen kann. Unterstützung findet der 59-jährige Geschäftsführer des gemeinnützigen Inklusionsunternehmen bei seinen 45 Beschäftigten mit und ohne Behinderungen: „Sie sind nicht nur Ausdruck einer vielfältigen, inklusiven und offenen Gesellschaft“, meint Hölz. „Sie wirken auch mit an der Erhaltung der heimischen Streuobstwiesen.“ Bei AiS kommen die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben und das Kulturgut Streuobstwiese zusammen. Neben der ökologischen Pflege und Nutzung hat Hölz AiS-Stoffkreisläufe etabliert, in denen die anfallenden Materialien wie das Holz bei der Baumpflege, das Heu der Mahd, das Obst und die Rückstände der ausgepressten Früchte vollständig verwertet. Zugleich kombiniert AiS regionale Wertschöpfung und innovative Produktideen zu einem Sortiment, das vor allem in den beiden Hofläden und in den beiden Cafés des Unternehmens angeboten wird. Bei den vielfältigen Tätigkeiten erwerben die Beschäftigten zahlreiche fachliche Qualifikationen, die ihnen eine Integration in die Berufswelt erleichtert: „Dann sind sie dort, wo sie hingehören“, fasst Hölz zusammen: „In der Mitte der Gesellschaft.“
AITAD GmbH, Offenburg
Wachstum mit Werten
Am Ende eines jeden Monats wird bei der AITAD GmbH in Offenburg abgerechnet: „Wir besprechen, wie wir unsere Werte vorangebracht haben und wie wir noch mehr dafür tun können“, erläutert Viacheslav Gromov, der das Unternehmen 2018 gründete und heute mit 15 Mitarbeitenden führt. Diese Abrechnung fällt zum Beispiel positiv aus, wenn mit den von AITAD entwickelten Sensoren eine Software für Schlaganfallerkennung im Auto entwickelt oder bei einem Kundenunternehmen wesentliche Materialeinsparungen realisiert werden. Im Zentrum der Sensorentwicklung steht die Künstliche Intelligenz, mit deren Hilfe Maschinen, Autos und Geräte zum Wohle der Menschen verbessert werden sollen. Sowohl die Kundinnen und Kunden als auch die Projekte kann sich das Unternehmen mittlerweile aussuchen. Das gilt, für viele überraschend, auch für die besten Köpfe im IT-Bereich, die von großen Unternehmen heftig umworben werden. „Werteorientierte Arbeitsplätze sind gefragt“, freut sich Gromov. „Jüngst haben wir an einem Tag mehr als 70 Bewerbungen erhalten.“
Ascon Systems GmbH, Stuttgart
Klempner mit Patent
Auch im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz genügen gute Ideen allein nicht: „Es braucht Klempner wie uns, die daraus reale Innovationen machen“, meint Uwe Reumuth augenzwinkernd. Das Understatement kann sich der Gründer und Geschäftsführer der Ascon Systems GmbH in Stuttgart leisten, denn die Software des Stuttgarter Unternehmens verbindet eine selbstoptimierende und KI-gestützte Software mit einer klassisch-industriellen Steuerungstechnik. Dazu hat das Unternehmen eine Softwaretechnologie patentieren lassen, die auch komplexe Prozesse in beherrschbare Rechenschritte umsetzen kann. Mit den mehr als 100 Mitarbeitenden wird das Prinzip der lernenden Organisation gelebt, die auch über den Tellerrand des Unternehmens hinausblickt: „Wir fördern ausdrücklich das Engagement im Ehrenamt und stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Bedarf dafür frei.“
Codefy GmbH, Heidelberg
Künstliche Intelligenz gegen ausufernde Bürokratie
Die Klage über die Bürokratie in Deutschland ist allgegenwärtig. Doch was ist die konkrete Lösung? Tianyu Yuan, Gründer und Geschäftsführer der Codefy GmbH in Heidelberg, setzt auf eine Datenanalyse mit der Hybrid AI-Plattform, einer Künstlichen Intelligenz. Sie kann auch große Datenmengen in Justiz und Verwaltung schnell und sicher verarbeiten. Ein intelligentes Werkzeug, so Yuan, mit dem zum Beispiel Richterinnen und Richter beim Aktenstudium 30 bis 40 % der bisher benötigten Zeit einsparen können. „Unsere elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen ihre Expertise in juristischen Entscheidungsprozessen und KI-Technologie auf einzigartige Weise zusammen“ freut sich der 33-Jährige über die Entwicklung des 2019 gegründeten Unternehmens. Den großen Markt sieht er nicht nur beim Staat. „Auch große Bauunternehmen interessieren sich schon für unsere Lösung.“
Concular GmbH, Stuttgart
Die richtige Frage stellen
Wohin mit dem Bauschutt? Das ist in der Bauwirtschaft fast immer eine wichtige Frage, wenn es um den Abriss eines Gebäudes geht. „Dabei ist auch ein Gebäude, das abgerissen werden soll, noch viel wert“, meint Dominik Campanella von der Concular GmbH in Stuttgart. Die fast 40 Mitarbeitenden haben schon mehr als 300 Projekte betreut und dabei die richtigen Fragen gestellt: „Was ist vorhanden?“ und „Wer braucht so etwas?“ Die erste Frage beantwortet das Projektteam mit einer kompletten Digitalisierung des Gebäudes. Die Antwort auf die zweite Frage liefert die Concular-Datenbank, die 60 Branchenakteure und viele potenzielle Materialinteressierte enthält. Die Rückführung der Materialien in die Kreislaufwirtschaft bringt den Verantwortlichen Erlöse und spart Deponiekosten. Auch die Gesellschaft hat durch eingesparte 100 Tonnen CO2 und geschonte Ressourcen stark profitiert: „Wir bieten das digitale Ökosystem für zirkuläres Bauen, Betreiben und Sanieren von Gebäuden.“
Duschbrocken GmbH, Stuttgart
Spaß im Badezimmer
Viel Schaum, leckere Düfte und eine angenehme Pflege: die Produkte der Duschbrocken GmbH in Stuttgart verschaffen Menschen im Badezimmer eine schöne Zeit ohne Plastik. Die festen Duschbrocken, Zahnputztabs, Deos und Gesichtsreinigungsmittel kommen völlig ohne Plastikverpackung aus. „Seit unserer Gründung haben wir weit über vier Mio. Plastikverpackungen eingespart“, freut sich Johannes Lutz, der 2018 gemeinsam mit Christoph Lung die Duschbrocken GmbH in Stuttgart gründete. Der Erfolg der beiden beruht auf dem Ansatz, Nachhaltigkeit nicht mit Verzicht, sondern mit Spaß zu verbinden. Mehr als 200.000 Kundinnen und Kunden schätzen dieses gute Gefühl, das sich auch im Unternehmen wiederfindet. Für die mittlerweile fast 20 Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Kulturen, unter denen es auch Menschen mit Beeinträchtigungen gibt, wird eine Kultur aus Spaß und Miteinander gepflegt. Auch der Gesellschaft geben die beiden etwas zurück, indem sie bereits 100.000 Duschbrocken an die Tafel und an öffentliche Einrichtungen gespendet haben und sich für Menschen in der Ukraine engagieren.
farming revolution GmbH, Esslingen
Biologische Intelligenz
Wer als Bio-Landwirt oder Bio-Landwirtin ohne Pestizide auskommen will, ist gegen Unkraut oft machtlos: Für die manuelle Bearbeitung der Felder fehlen die Arbeitskräfte, die finanziellen Mittel und die Zeit. Dadurch fallen die Ernten im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft deutlich geringer aus. „Mit unseren KI-unterstützten autonomen Robotern zur nachhaltigen Pflanzenproduktion ändern wir das“, sind Roland Leidenfrost, Maurice Gohlke und Markus Höferlein überzeugt. Die drei Gründer und Geschäftsführer der Esslinger farming revolution GmbH entwickeln, verkaufen und vermieten vollelektrisch und autonom arbeitende landwirtschaftliche Maschinen, die auf mechanischem Wege Unkraut zielgenau beseitigen und damit größere Ernten ohne Pestizide ermöglichen. Dazu greift der Hackroboter Farming GT auf eine Pflanzendatenbank mit 18 Mio. Bildern zu und unterscheidet Nutzpflanzen von Unkraut anhand von Merkmalen wie Farbe, Wuchshöhe und Blattkontur. Landwirtschaft Betreibende können derweil andere Aufgaben erledigen, denn einmal per App auf einem handelsüblichen Smartphone gestartet, arbeitet der Hackroboter völlig selbstständig. Dadurch sind für Bio-Höfe größere Ernten zu vertretbaren Kosten möglich. Aber auch konventionell wirtschaftende Betriebe können den Einsatz von Pestiziden enorm herunterfahren und damit Kosten senken.
FinMatch AG, Stuttgart
Das Beste aus beiden Welten
Wenn es um Finanzierungsthemen geht, sprechen Unternehmen und Banken nicht immer dieselbe Sprache. „Wir wissen, was eine Bank will und was ein Unternehmen braucht“, ist sich Martin Vögele, Vorstand der FinMatch AG, sicher. Unternehmerinnen und Unternehmern bietet die Plattform mehr als 800 Partnerinnen und Partner, die bei der Finanzierung von Investitionen oder der Erschließung neuer Märkte unterstützen können. „Derzeit ist auch die Liquiditätssicherung ein großes Thema“ berichtet der Finanzierungs- und Fördermittelexperte. Mit derzeit fast 40 Beschäftigten ist das 2018 gegründete Stuttgarter Unternehmen ein Dolmetscher, der den Akteuren die gegenseitigen Anforderungen verständlich macht und die passenden Finanzierungsmodelle findet. „FinMatch“, so Vögele, „verbindet das Beste aus beiden Welten.“
Flip GmbH, Stuttgart
Mit der App über den Tellerrand
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Supermarkt, in der Produktion, im Krankenhaus und in der Pflege haben meist eines gemeinsam: Sie alle wissen nur wenig darüber, was über den Tellerrand des eigenen Arbeitsplatzes hinaus im Unternehmen vor sich geht und was die Leitung plant. „Dagegen haben wir etwas“, meint Benedikt Ilg, neben Giacomo Kenner einer der Gründer und Geschäftsführer der Flip GmbH in Stuttgart. „Mit unserer Flip-App sind die Beschäftigten unserer 400 Kundenunternehmen digital an die Unternehmenskommunikation angebunden.“ Entscheidend ist dabei die Nutzeroberfläche, die sich stark an Social Media anlehnt und einfach zu bedienen ist. Nach den großen Erfolgen in Deutschland und Großbritannien stehen Ilg und Kenner mit ihren rund 150 Mitarbeitenden vor der Aufgabe, die Internationalisierung der App und damit weiteres Wachstum zu stemmen.
Frischebrüder GmbH, Freiburg
Bunte Mischung gegen trübe Aussichten
Kann das gutgehen? Ein erfahrener Logistiker im Obst- und Gemüsehandel und seine beiden Söhne, die ihre erfolgversprechenden Karrieren zurücklassen und eine Konzernniederlassung mit trüben Zukunftsaussichten übernehmen? „Es kann, wenn man ein klares Ziel vor Augen hat, nämlich die Nummer eins unter den Frischelieferanten unserer Region zu werden“, erläutert Andreas Heizmann. Sein Bruder Thomas ergänzt: „Und wenn man den Markt genau analysiert und einen Mehrwert bietet.“ Zu den Frischebrüdern gehört auch Vater Egon, der seine langjährige Berufserfahrung einbringt: „Es gibt einen klaren Trend bei Biobauern, direkt ab Hof zu vermarkten und damit den Großhandel auszuschalten. Doch für einen Teil der Ernte benötigen sie einen Vertriebspartner auf Augenhöhe – und das sind wir!“ Nach der Übernahme und Neugründung hellten sich die Aussichten schnell auf. Mittlerweile finden 65 Mitarbeitende einen sicheren Arbeitsplatz und bleiben auch gerne da. „Wir beschäftigen keine Arbeitnehmer, sondern Menschen“. Sowohl die Erzeugerinnen und Erzeuger als auch die gewerbliche Kundschaft des Freiburger Unternehmens kommen aus Süd- und Mittelbaden, während die Belegschaft mit Mitarbeitenden aus 15 Nationen deutlich internationaler aufgestellt ist: „Die Mischung kann nicht bunt genug sein“, sind sich die Frischebrüder einig.
Globe Fuel Cell Systems GmbH, Stuttgart
Manufaktur für die Wasserstoffwende
Es war nicht die berühmte Garage, aber ein einzelner Raum in einem großen Gewerbegebäude. „Dort haben wir nach unserer Gründung 2020 die ersten Prototypen unserer Brennstoffzellen zusammengebaut“ erinnert sich Steffen Bäuerle, einer der Gründer und Geschäftsführer der Globe Fuel Cell Systems GmbH in Stuttgart. Heute belegt das Unternehmen das gesamte Gebäude und ist mit mehr als 40 Mitarbeitenden eine gefragte Manufaktur für Energiesysteme auf Wasserstoffbasis. „Damit können Unternehmen Arbeitsmittel wie zum Beispiel Gabelstapler ohne Unterbrechung 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche einsetzen“, erläutert der 48-jährige Wirtschaftsingenieur. Aktuell ist der Sprung in die Großserienproduktion geplant: „Damit werden wir einen wichtigen Beitrag zur Wasserstoffwende leisten.“
greenventory GmbH, Freiburg
Das Navigationsgerät zur Energiewende
Erst vier Jahre ist die Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) alt und beschäftigt bereits über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Im Kern bieten wir für mehr als 100 Kommunen eine KI- und satellitengestützte Software, die wie ein Navigationsgerät funktioniert“, erläutert David Fischer, einer der Gründer und Geschäftsführer der greenventory GmbH. „Einfach Standort und Ziel eingeben und schon zeigt die Software die schnellste Route für kohlenstoffneutrale Energiesysteme.“ Das funktioniert nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Aktuell entwickelt das Freiburger Unternehmen Anwendungen für Klimarisikoanalysen und Klimafolgenanpassung. „Hier besteht angesichts des Klimawandels eine große und weltweite Nachfrage“ berichtet Fischer. Für die Entwicklung und Steuerung der Software sind viele Fachkräfte für IT und Energie erforderlich, die zu einem großen Teil im Unternehmen aus- und fortgebildet werden.
Instagrid GmbH, Ludwigsburg
Die grüne Alternative zum Dieselgenerator
Vor sechs Jahren erkannten Sebastian Berning und Andreas Sedlmayr, die beiden Gründer und Geschäftsführer von Instagrid, was Beschäftigte der Baubranche, der Filmindustrie, der Landschaftspflege und des Rettungswesens gemeinsam haben. „Sie alle arbeiten jeden Tag mobil und benötigen für ihre Maschinen und Geräte eine transportable Energiequelle“, erinnern sich die beiden an ihre Idee, tragbare Batteriesysteme als grüne Alternative zu klimaschädlichen und ineffizienten Dieselgeneratoren zu entwickeln. Jede dieser auf Verbrennerbasis genutzten ‚mobilen‘ Energiequellen verursacht Emissionen, die bis zu 100 modernen PKW entsprechen. „Wenn wir uns klarmachen, dass bis zu zwei Mrd. Menschen mobil arbeiten, wird klar, welche Bedeutung dieses Thema für Klima und Umwelt hat“ erläutert Sedlmayr. Das Ludwigsburger Unternehmen ist schon heute weltweit führend bei mobilen 230V-Batterieaggregaten, die zum Beispiel für den Betrieb mobiler Schweißgeräte, Motorsägen und Industriestaubsauger eingesetzt werden. „Mit mehr als 100 Mitarbeitenden treiben wir die Energiewende abseits des Stromnetzes voran und verdrängen die Verbrennungsmotoren.“
Mein mutiger Weg GbR, Karlsruhe
„Komplett lost?“
In Deutschland werden jährlich etwa 150.000 Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst. Damit fehlen den Unternehmen die dringend benötigten Fachkräfte von Morgen. Gleichzeitig ist die abgebrochene Ausbildung für die jungen Erwachsenen eine erste negative Erfahrung mit dem Berufsleben: „Das Gefühl, komplett lost zu sein, wirkt bei den Betroffenen häufig lange nach“, berichtet Frederic Keller aus eigener Erfahrung. Gemeinsam mit seinem Bruder Pascal gründete er 2018 Mein mutiger Weg mit dem Ziel, den Schülerinnen und Schülern eine fundierte Berufswahl zu ermöglichen und damit die Zahl der Ausbildungsabbrüche zu verringern. Trainerinnen und Trainer sowie Mentoren und Mentorinnen unterstützen junge Menschen an mehr als 400 Schulen dabei, ihren Lebenstraum zu erkennen und die dazu passende Berufswahl zu treffen. „Wer mit einer Ausbildung seine Träume verwirklicht, wird sie nicht abbrechen“ ist Frederic Keller überzeugt.
Neyer Landtechnik GmbH, Bad Waldsee
Lösungsansätze für den Klimawandel in der Landwirtschaft
Die Neyer Landtechnik gab es schon, als die industrielle Revolution noch in den Kinderschuhen steckte und Pferdestärken tatsächlich mit Pferden erzeugt wurden. Heute, 190 Jahre später, steht das Unternehmen mit der Klimakrise wieder vor einer Revolution: „Die Elektromobilität muss auch in der Landwirtschaft Einzug halten“, ist Christoph Neyer, Geschäftsführer und Inhaber der Neyer Landtechnik GmbH in Bad Waldsee, überzeugt. 2018 hat der heute 37-Jährige das Traditionsunternehmen von seinem Vater übernommen. Schon zwei Jahre später war der erste rein elektrische und CO2-neutrale Hoflader entwickelt und produziert. Die Steuerung erfolgt digital über eine App, die jederzeit den Überblick über Laufzeit und Batteriestand gibt. „Drei Tage nach der ersten Präsentation waren wir schon ausverkauft“ freut sich der Ingenieur über diesen Erfolg, mit dem er das Unternehmen in ein neues Zeitalter führt. „Wir haben einen Lösungsansatz für den Klimawandel.“ Mit weiteren Entwicklungen will Neyer den Betrieben remote Farming ermöglichen: Die Steuerung landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte vom Schreibtisch aus.
Off-Grid Europe GmbH, Pfullendorf
Strom ohne Steckdose
Aus Pfullendorf kommt ein Unternehmen, in das ein ganzer Kontinent seine Hoffnungen setzt: „In Afrika hat die Hälfte der Menschen keinen Zugang zu Energie“, erläutert Christiane Kragh, die 2014 gemeinsam mit Jakub Leszek Szypulka die Off-Grid Europe GmbH gründete. Mit seinen tragbaren Batteriesystemen elektrifiziert das Unternehmen vorwiegend Dörfer und Unternehmen südlich der Sahara (Subsahara). „Damit verfügen insbesondere auch Krankenhäuser über eine stabile Energieversorgung, was unter Umständen Leben retten kann.“ Wenn die 42-Jährige auf Regierungen und Organisationen zugeht, erfährt sie oft, dass deutsche Produkte immer noch einen guten Ruf in der Welt haben: „Als deutsches Unternehmen profitiert man eindeutig von Made in Germany.“ Die begehrten Fachkräfte im Bereich Energie und IT begeistert sie mit ihrer Vision: Für alle Menschen Zugang zu erneuerbarer und zuverlässiger Energie zu ermöglichen, unabhängig vom Lebensmittelpunkt. Dafür arbeiten derzeit mehr als 30 Menschen in Pfullendorf und 70 in der afrikanischen Tochtergesellschaft.
Schwarzwald Panorama, Bad Herrenalb
Die Erfindung des kreislauffähigen Hotelzimmers
Wer im Hotel Schwarzwald Panorama in Bad Herrenalb zu Gast ist, legt nicht nur Wert auf eine hochwertige Unterkunft. „Die biozertifizierten Speisen und Getränke, das verschwendungsfreie Frühstück und die Kompensation der CO2-Emissionen geben unseren Gästen ein besonders positives Gefühl“, beobachtet Stephan Bode, Inhaber und Geschäftsführer des 4-Sterne-Hotels. Was seine Gäste nicht sehen und auch nicht sehen sollen, ist der Aufwand, der hinter Angeboten wie Green Meeting, Green Wedding, dem Naschgarten und den Upcycling-Kursen steckt. Dazu gehört neben zahlreichen internen und externen Schulungen der mehr als 60 Mitarbeitenden auch eine Mitarbeiterin, die nur für die Aufrechterhaltung der Nachhaltigkeit im Unternehmen zuständig ist. Herzstück der Bemühungen ist jedoch das Circular Living: „In 24 Zimmern haben wir bereits natürliche Lichtquellen und wohngesunde Materialien integriert“ ist der 59-jährige Unternehmer stolz. Alle Materialien sind recyclefähig oder biologisch abbaubar. Weitere 24 kreislauffähige Hotelzimmer sind bereits in Planung. „Der Clou: wir verwenden viele Restmaterialien des ersten Umbaus für den zweiten und verschwenden nichts.“
vialytics GmbH, Stuttgart
Das macht jetzt die App
Straßenbeläge kontrollieren, Schäden bewerten und Reparaturen organisieren: Innovative Kommunen wie zum Beispiel Esslingen, Bamberg und Würzburg benötigen dafür nur ein handelsübliches Smartphone und die App von vialytics. „Unsere Software analysiert für weltweit über 300 Kommunen mithilfe Künstlicher Intelligenz den Straßenbelag und unterstützt bei den erforderlichen Maßnahmen“, erläutert Danilo Jovicic-Albrecht, einer der Gründer und Geschäftsführer des Stuttgarter Unternehmens, das Geschäftsmodell. Durch die Einsparung von Außeneinsätzen können die Kommunen in diesem Bereich bis zu 50 % der Kosten einsparen. Neben der Weiterentwicklung zu einem umfänglichen Straßenmanagementsystem sieht das 2018 gegründete Unternehmen ein wichtiges Zukunftsfeld im autonomen Fahren. „Baden-Württemberg ist ein hervorragendes Biotop für Künstliche Intelligenz“, lobt der 34-jährige Jovicic-Albrecht den Standort Stuttgart, hält das Produkt aber für den weltweiten Einsatz geeignet: „Neben unserer Niederlassung in Paris sind wir seit kurzem auch mit 10 Mitarbeitenden in New Jersey vertreten.“
WEtell GmbH & Co. KG, Freiburg
FAIRstärkte Nachhaltigkeit
Ein Smartphone ist schon längst kein Luxusgut mehr, sondern ein für die soziale Teilhabe unverzichtbares Kommunikationsmittel. Deshalb setzt sich der gemeinwohlorientierte Mobilfunkanbieter WEtell konsequent für Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz ein. „Doch das muss alles auch für den kleinen Geldbeutel bezahlbar bleiben“, ist die Überzeugung von Alma Spribille, Gründerin und Geschäftsführerin des Freiburger Unternehmens. Deshalb können finanziell besser gestellte Kunden und Kundinnen die Solidar-Option FAIRstärker wählen und mit den freiwillig bezahlten höheren Gebühren schlechter gestellte Nutzerinnen und Nutzer unterstützen. „Erfreulich viele tun das“, berichtet Spribille. Der Markt belohnt diesen gleichzeitig ökologischen und sozialen Ansatz mit einem starken Kundenwachstum. „Damit sind unsere Kunden und wir ein Teil der Lösung und nicht des Problems“, freut sich Spribille. Auch die Mitarbeitenden profitieren von der Gemeinwohlorientierung: Die Gehälter werden von ihnen wesentlich mitbestimmt.
Yuri GmbH, Meckenbeuren
“Meckenbeuren, we have a Start-up”
Mit dem Thema Luft- und Raumfahrt verbinden die meisten Menschen große Raumfahrtnationen wie die USA und berühmte Orte wie Houston. „Für uns ist das oberschwäbische Meckenbeuren der Nabel der Raumfahrtwelt“, schmunzelt Maria Birlem. Gemeinsam mit Christian Bruderrek und Mark Kugel hat sie 2019 die Yuri GmbH gegründet. Das Leben auf der Erde wollen sie verbessern und sie wissen auch sehr genau, wie das gelingen kann: „Wir helfen Wissenschaftlern, in der Schwerelosigkeit des Weltraums Produkte wie zum Beispiel Heilmittel zu formen oder aus Algen Proteinpulver herzustellen“, konkretisiert die 42-Jährige das Geschäftsmodell. Hierbei nutzt Yuri die Mikrogravitation. So wachsen beispielsweise Bakterien unter Schwerelosigkeit besser und reiner. Und Kristalle für die Medikamentenforschung sind unter diesen Bedingungen besser abbildbar. Dazu entwickelt und produziert Yuri Mini-Labore und organisiert den Transport ins Weltall und wieder zurück. „Ein Markt, der aktuell sehr in Bewegung ist und viele Chancen bietet“, berichtet Birlem. Das Team, das derzeit aus mehr als 30 gefragten Fachleuten für Raumfahrttechnik und molekularbiologische Methoden besteht, genießt den Standort Meckenbeuren mit seinem hohen Freizeitwert. Manche arbeiten auch im Home-Office oder in den beiden Niederlassungen in Luxemburg und in den USA. „Bisher konnten wir mit unserem Standort, mit unseren Ideen und nicht zuletzt mit unseren Werten genügend Fachkräfte gewinnen.“